Sonntag, 23. Dezember 2012

Tunnelblick (14): Last exit: long joke

Ein Greis im Elektrorollstuhl verbietet im Bus laut und wiederholt seiner Frau – mit Rollator unterwegs, aber jünger und rüstiger als er –, sich mit einer anderen Frau zu unterhalten, die auf dem Platz neben ihr sitzt; sie dürfe und müsse ausschließlich mit ihm reden, und zwar die ganze Zeit, denn ihm sei langweilig. Neben seinem E-Rolli-Stellplatz sitzt ein hospitalisiert vor und zurück wippender Teenager und spielt teilnahmslos auf seinem Smartphone herum, wenn er nicht gerade, weiterhin wippend, einsteigende Frauen anglotzt. Weiter hinten produziert sich ein Mensch mit türkischem Migrationshintergrund lautstark in sein dem ureigensten Zwecke (dem Telefonieren) dienendes Handy hinein, er habe "voll krass Weihnachtsstress"; irgend jemandem will er zum Fest der Feste im Übrigen eine Schreckschusspistole schenken. Hinter ihm thront ein beeindruckend klangvoll dauerheulendes Kleinkind in teuren Designer- und Markenklamotten und weiß eigentlich nicht mehr genau, warum es flennt. Muttern versucht es zu beruhigen, indem sie ihm allerlei Geschenke verspricht. Die als Expressbus getarnte Geisterbahn setzt ihren vollbesetzten Weg stets behäbig und verlässlich fort, nachdem der Busfahrer liebevoll an jedem Halt alle Passagiere einmal kollektiv angebrüllt hat, dass sie die Tür versperren. Genügend Omas regen sich darüber auf. Ebenso über den von der Schneewelt draußen hereingetragenen Matsch, der einen beim Laufenwollen in dem Verkehrsmittel "ja umbringt". Lankwitz.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Wilde Schilde(r) II

Immer wieder mal gibt es interessante Schilderzusammenstellungen. Was will uns dieser Sammelmast sagen? Man beachte dabei vor allem das ungewöhnlich detaillierte Schild in der Mitte.
Vorschläge:
A) Hier nur unbemannte 30-Tonner, Menschen bitte die andere Seite benutzen.
B) Männer mit Hut dürfen maximal 29 Tonnen wiegen, sagen ihre Frau und ihr Kind.
C) 30 Tonnen schwere Männer haben keinen Zutritt – vor allem, wenn sie einen Hut tragen und ungelenk Fußball spielen. Leichtere Frauen und Kinder (ohne Hut, aber auch ohne Füße) dürfen immerhin nach rechts / fühlen sich im Recht.
D) 30.000 Menschen denken, hier sei das Ministry of Silly Walks. Ist aber nebenan.

Sonntag, 9. Dezember 2012

Zitat der Woche (24)

Lautsprecherdurchsage der Zugabfertigerin auf einem S-Bahnhof, ohne Einleitung und ganz erfüllt von menschelnder Sorge warmherzig herausgebrüllt:
"Jetz reicht's mir aba! Raus aus de Gleise, aba janz schnell!"

Sonntag, 25. November 2012

Zitat der Woche (23)

Die Mutter der Protokollantin kommentiert die Feststellung, dass Ostern 2013 schon Ende März und damit sehr früh liege, gedankenverloren folgendermaßen:
"Ja, deshalb ist ja Heilig Abend diesmal auch schon ganz früh." 
(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung)

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Ö-Eier

Trotz multilateralen Unmuts und Verwirrtseins: Jahr für Jahr beginnt bekanntlich in Kalenderwoche 35, spätestens allerdings am 1. September, in den Märkten das unsägliche W-Fest – das, dessen Name nicht genannt werden darf. Auch wenn die MitarbeiterInnen es oft noch nicht angemessen feiern, so startet zumindest aber, pars pro toto, das große Auftürmen leckerer und weniger leckerer, kitschiger und noch kitschigerer Artikel. So weit, so normal (da "normal" von "Norm" kommt). Dass neuerdings allerdings die Saisonware der üblichen Verdächtigen bereits im Oktober sogar für Ostern feilgeboten wird, ist zumindest verwunderlich. Regelrecht skandalös dagegen – und da war sie wieder, die Norm, die Gleichmacherei – ist, dass der Osterhase sich inzwischen, wenn das Produkt es erfordert, sogar als Nikolaus oder W[zensiert]smann verkleidet! Zumindest sieht er ihm täuschend ähnlich. Schmückt sich da einer mit fremden Rentieren?
Spannung, Spiel, Schokolade und wichtige Feste: All in one und das schon im Herbst!
So wird das Ü-Ei zum O- oder Ö-Ei. Oder auch zum Öh?-Ei.
Abgesehen davon beruhigen uns die vielzitierten, leidigen Deppenleerzeichen, dass der Euro sich nicht entwertet, es hier noch was gibt fürs Geld: für nur 79 Cent Kinder, ein Ü-Ei oder Oster-Anhänger. Na, vom Preis-Leistungs-Verhältnis her würden sich aus dieser Auswahl die meisten wohl eher nicht für die Süßware entscheiden. Oder "und" statt "oder"? Gibt es das alles für 0,79 Euro? Öh, ey?

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Sturm, Steine, Sand und Sinn

Ähnlich wie localhost möchte ich normalerweise solch private Einblicke nicht in meinem Blog haben, aber es gibt Träume, die einfach einer Diskussion bedürfen. Rätsel gibt mir dabei v. a. die Frage auf, warum ich so einen Mist träume:

Nachdem ich auf einer rauschenden Hochzeit zu Gast gewesen war, die open air stattfand und in Regen, Sturm und Unwetter versank, wurde ich auf einer steinigen, staubigen Landstraße ausgesetzt, auf der ich nun in Festmode entlangschlurfe. Die Straße, die diese Bezeichnung kaum verdient, ist so staubig, dass es dort erstens wohl nie verkehrstechnische Modernisierungen (auch "Asphaltierung" genannt) gegeben und zweitens noch nie geregnet hat. Drumherum gibt es das große Nichts, allerdings ist ein verlassenes ostdeutsches Nest ausgeschildert. Ein Auto rauscht vorbei, im Inneren streiten Männer in Anzügen, etwas fliegt versehentlich aus dem Fenster. Am Rand der Straße finde ich es: Es ist das Handy von Peer Steinbrück. Der SPD-Kanzlerkandidat nutzt übrigens das ganz alte, klassische Nokia aus den 1990ern (hieß das Modell 3310?) in schmuckem, charakterstarkem Mausgrau. Während ich noch überlege, was ich damit nun mache, wie ich es ihm wieder zukommen lasse oder ob sich das erstmal auf irgendeine Weise journalistisch verwerten lässt, klingelt es. Nach kurzem Zögern nehme ich ab. Helmut Kohl ist dran. Er herrscht mich wütend und wirr an, wer ich sei, er wolle doch "den Steinbrück noch was fragen", und legt wieder auf.

Ah, ja. Mir drängt sich die Vermutung auf, mit manchen Träumen wollen mir mein Un- und Unterbewusstsein absolut rein gar nichts sagen. Die sollen auch keine Probleme lösen. Sondern die sind schlicht von vorne bis hinten Müll. Oder wurde an mir schon eine neue Wahlkampfform ausprobiert?

Sonntag, 7. Oktober 2012

Zitat der Woche (22)

Entscheidet selbst! Die Kandidaten:

(1) Eine Freundin der Protokollantin hat eine stichhaltige Theorie, wieso Gott im Neuen Testament weniger blutrünstig, rachsüchtig und grausam ist als im Alten Testament und warum brutale Tests der Gläubigen, etwa wie bei Abraham oder Hiob, nicht mehr vorkommen:
"Ist doch klar, warum Gott im Neuen Testament milder und nachsichtiger ist: weil er inzwischen Vater geworden ist." 

(2) Eine kleine Gruppe überdrehter, aufgedonnerter, sehr junger Frauen arabischer Abstammung (für die Herren Sarrazin und Buschkowsky: ohne Kopftücher) lacht den einzigen Kerl aus, der mit ihnen unterwegs ist; eine von ihnen bringt es auf den Punkt:
"Selber schuld, wenn du dir 'ne deutsche Frau suchst! Dann musst du dir dein Frühstück nämlich selber machen!"

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Rotgrünschwäche

Treibt die Gentechnik seltsame Blüten? Vielmehr habe ich als Stadtkind wohl schlicht keine Ahnung von Mutter Natur und ihren Früchten:
Jetzt hätte ich das doch glatt für Tomaten gehalten! Peinlich!
Bananen sind's jedenfalls nicht. Glaube ich. Das Grünzeuch grüßt sonnig zum Einheitstag.

Donnerstag, 27. September 2012

Im Reich der Tränen

Wer den guten, alten Grundsatz "Man ist immer so alt, wie man sich anfühlt" vergessen oder nicht verstanden hat, bekommt ihn von der Geschenkartikelkette Nanu-Nana in der Kuschelkitsch-Ecke sehr plastisch dargestellt:
Da hat sich das Dekorateurhandwerk richtig Gedanken gemacht. Man beachte auch die Chronologie: hübsch von oben und jeweils von links nach rechts zu lesen, wie ein Buch. Diese Leseweise ist ein selbstverständlicher Standard unserer Kultur – ebenso die übermittelte Botschaft. Gehen wir uns einsargen! Anyone for flashmob?

Sonntag, 23. September 2012

Zitat der Woche (21)

Eine jüngere Zuschauerin nahe einer Bootsanlegestelle kommentiert bei "Wannsee in Flammen" das (recht kurze) Feuerwerk:
"So sieht dann auch der Rhein aus ..."
Counter