Dienstag, 3. Mai 2011

Friede, Freude, Eiersuchen

Westlich-abendländische Welt, in einem aber mal sowas von freien Land, abends im Mai, Tag zwei nach X. Alles ist anders. Alles ist neu. Es ist vollbracht. Das Suchen hat ein Ende. Je mehr sich die Nachricht setzt, desto mehr wachsen Gewissheit, Zufriedenheit, Erleichterung und Wohlgefühl: Endlich! Die Freiheit ist gerettätätä! Das Monster wurde in seiner Höhle aufgespürt und hingerichtet. Na dann ist ja alles in Butter. Frieden, Demokratie, Fortschritt, Rechtsstaatlichkeit, Christentum, Moral, Moderne, Zivilisation und Menschenverstand, überhaupt: die aufgeklärte Gesellschaft, haben gesiegt. Und ihre methodische und stilistische, vor allem aber ethische Überlegenheit bewiesen. Wir dürfen wieder leben. Die Welt ist gut. Auf die Straßen und jubeln!

Gerichtsprozesse sind ja auch was für Anfänger. Was soll das ganze Be- und Verhandeln? Rache muss schnell geübt werden und effektiv. Und am besten auf Unbewaffnete und in einem Land, das weder eigener Abknallhoheit entspricht noch fremde Zeigefinger verheißt.

Es reicht auch im Übrigen nicht, wenn ein Herr Obama versucht, seine nächste Präsidentschaft zu retten. Das befreundete Ausland ist auch erleichtert. Man kann ja jetzt endlich wieder auf die Straße gehen. Oder auf einen Flughafen. Unter Leute. Da darf sich dann das Ding, das so tut, als sei es ein Außenminister, hinstellen und den Amis gratulieren und noch jubeln, das sei "eine gute Nachricht für alle friedliebenden und freiheitlich denkenden Menschen". Sic! Ah, für die! Man wusste ja nicht so genau. Doch nicht nur das Guido langt wieder voll zu, Tante Trude im Hosenanzug will auch mal: Merkel "freut sich", dass es "gelungen ist, Bin Laden zu töten".

Manch einer wundert sich ein bisschen. Auch über den ausbleibenden Aufschrei. Warum der so leise ausfällt, ist klar: Kritiker des Modus leugnen wohl den Malus? Die verharmlosen einen Terroristen!
Und was machen Al Qaida und andere Terrornetzwerke? Is' klar, es greift der gute alte Witz: "Bin nicht zu sprechen. Bin Laden (und dann abdrücken)." Wirklich schlau, den Fanatikern auch noch einen unbewaffneten Märtyrer zu schenken. Erst Ground Zero, nun Found Hero.

Ich stimme selten dem Papst zu, wozu auch, aber einmal hat er recht gehabt: Ein Christ, der sich über eine Tötung freut, ist doch ein seltsamer solcher. Übrigens auch ein Nichtchrist; der ist entsprechend ein seltsamer vermeintlich zivilisierter und friedlicher Mensch.
Ach so, ganz christlich wurde nur Gleiches mit Gleichem vergolten? Na, da wurde aber mal wirklich haushohe geistig-moralische Überlegenheit eines Systems gezeigt, das für andere Werte steht als für die des Getöteten. 

Die archaische Lynchjustiz war mehr dies: Uga uga!
"I mourn the loss of thousands of precious lives, but I will not rejoice in the death of one, not even an enemy."
(Martin Luther King, Jr., Strength To Love, 1963)
"Zivilisierte Staaten haben einst das Völkerrecht erfunden."
(Jörg Schönenborn, ARD-Tagesthemen, 2011)

2 Kommentare:

theM hat gesagt…

Gut gebrüllt Efeu!! Ein ungemein treffender Artikel.
Es bleibt außerdem ja auch die Frage: Musst eines der vermeintlich weltbesten Spezialeinheitsteams dem Mann in den Kopf schießen oder hätte es nicht gereicht ihn handlungsunfähig zu machen? Ich bin mir sicher, dass wäre auch kein Hexenwerk gewesen. Aber so erspart man sich die "Problematik" eines Gerichtsverfahrens.

Efeu hat gesagt…

Sie HABEN ihn doch einfach nur handlungsunfähig gemacht. Mit einem Kopfschuss halt. Reine Selbstverteidigung des vermeintlich weltbesten Spezialteams. Die hatten Angst. Seine Ehefrauen hatten bedrohlich geguckt. Außerdem musste man ja auch mal zeigen, wie anders als die Terroristen man vorgeht, wie zivilisiert, rechtsstaatlich und überlegen.
Ansonsten: Huhu und danke! :)

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