Albrecht der Bär gründete das Fischerdorf Bärlyn einfach und unkriegerisch durch Reden, Diskutieren und Überzeugen, auf dass Friede mit den Wenden (Cölln, Stralau und de janze Mischpoke) herrsche, aber das Bärlein sie ggf. alle "zusammentatze". So wurde es mal in der Grundschule gelehrt, düster dämmert es mir. Ob ausgerechnet die Berliner die Ritter der Christianisierung sein sollen, wie Varianten der Gründungssage es zeigen, oder ob sie nicht einfach nur gerne labern, sei mal dahingestellt. Fazit ist aber: Die PR hat schon immer gestimmt, auch wenn es nicht viel zu holen (und zu geben) gab.
Das Problem kennen viele Länder: den immensen, träumerischen, sich Wolkenkuckucksheime bauenden Zuzug vom Lande in die Großstädte, vor allem gen Hauptstadt. Denn dort müssen doch - gefällligst, logischst! - die Lebenschancen, vor allem die auf Arbeit, um so viel größer sein. Dazu kommt die Lebenschance auf größere Selbstverwirklichung. Was Letztere angeht, kann man, oberflächlich betrachtet, in dörflicheren oder kleinstädtischeren Regionen manchmal bestätigt sehen, woher dieser Eindruck und diese Hoffnung kommen. Großartiges scheint es, so der Traum, nur in der Großstadt zu geben. In Hintertupfing und Klein Hintersiehstemichnich sucht man vergebens so tolle und vor allem wichtige Aktivitäten wie Paintballspielen im Vollkostüm, Beachclubs auf Hochhäusern, Transgender-Töpfergruppen, Open-Air-Karaoke im Amphitheater oder eine Pingpong-Bar, in der man spät nachts, wochentags, abgeranzt, bei billigem Flaschenfusel und Gekiffe um eine verlotterte Platte rennen und "chinesisches" Tischtennis spielen kann. Mist aber auch. Da muss man doch was ändern!
Andererseits sind, ähnlich wie in (aber noch vor) Hamburg und München, in Berlin über 50 Prozent aller Haushalte Einpersonenhaushalte (genannt auch "Single-Haushalte", womöglich irreführend oder vorab wertend, wie zu überlegen ist). Was aber heißt das, dass jede/r Zweite hier allein lebt? Dass diese/r auch allein ist und sich allein fühlt (oder einsam, was nicht dasselbe ist wie allein)? Oder nur, dass das Ego und der Drang nach Unabhängigkeit, Freiräumen, Rückzug, auch: eigener Wohnung trotz Beziehung, summa summarum: nach nicht traditionellen Lebensformen größer sind als in vermeintlich spießigeren, kleineren Orten? Dies lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, wäre aber mal eine Studie wert. Ebenso die Frage, ob denn "Single-Sein" nun eher mehr Lebensglück oder eher weniger beinhalten muss. Gängige Interpretationen gehen in Richtung des Zweiten und setzen dies als allgemein anerkannt voraus, obwohl Biologie, Chemie und Verhaltenspsychologie doch längst wissen, dass der Mensch zu lebenslanger Treue und Zweisamkeit ohnehin nicht geschaffen ist. Und obwohl - zumindest in Großstädten - ja die These zulässig wäre, dass bei größtmöglicher Selbstverwirklichung das Lebensglück nur marginal vom Status einzeln/gepaart abhängen könnte (wie gesagt, da steht noch eine Studie aus, wer hat Lust?). Bestimmt ist das nur die Verderbtheit dort, wo Sodom und Gomorrha herrschen und die Tugend sich verdünnisiert hat. Oder so.
Und noch ein Gedanke aus der Rubrik "Und dann war da noch...": Neben allgemeingesellschaftlichen, gesamtdeutschen Wohntrends spielt da vielleicht auch der demografische Wandel (ich kann mich immer noch nur mäßig damit abfinden, dass man die "Fische" jetzt mit F schreibt) eine nicht unwesentliche Rolle: Bei verwitweten Älteren ist die Frage, warum sie allein leben, vielleicht nicht so kompliziert zu beantworten. Und nein, auch Berlin ist nicht so jung, wie es sich gern gibt - was nicht heißen soll, dass Wowis inoffizieller Berlin-Slogan "arm, aber sexy" für Senioren nicht gelten darf. Statistik ist toll. Und wenn sie nicht gestorben sind...
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vor 4 Wochen
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